21.03.2019

Ein Vertrauensbeweis lässt Auszubildende wachsen

Wer junge Menschen ausbildet, der schenkt ihnen damit immer auch Vertrauen: Man entscheidet sich für eine Berufseinsteigerin oder einen Berufseinsteiger, in denen man Potenzial sieht. Umgekehrt investieren natürlich auch diejenigen Vertrauen, die sich für eine Ausbildung in unserer Genossenschaft entscheiden: Sie dürfen erwarten, dass wir ihnen die Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die auf das tatsächliche Berufsleben in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft vorbereiten.

Einerseits geht es dabei um klassische Lehrinhalte, die „gepaukt“ werden müssen. Wer eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau (IHK) beziehungsweise zum Immobilienkaufmann (IHK) durchläuft, muss Steuern, Betriebswirtschaft und rechtliche Themen verinnerlichen. Andererseits ist es aber auch unverzichtbar, dass im Verlauf der Ausbildung die Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten entwickelt wird. Eigeninitiative, die Lust am Gestalten und Vertrauen in das eigene Können sind wichtige Soft-Skills.

Kaufhof-Abriss und Neubauprojekt als Experimentierfeld

Daher haben wir bei MWB seit dem Frühling des Jahres 2016 ein Experiment gewagt: Wir haben unseren Auszubildenden die Gelegenheit gegeben, ein markantes Projekt in Mülheims Innenstadt zu begleiten. Zuerst dokumentierten sie den Zustand des verfallenen, leerstehenden Kaufhof-Gebäudes in der Mülheimer Innenstadt.

Kurze Geschichtsstunde: Die Schließung der innerstädtischen Kaufhof-Filiale war ein schwerer Schlag für Mülheim an der Ruhr, ein Nachnutzer fand sich nicht. Jahrelang verfiel das Gebäude nahe des Ruhrufers, ehe es von unserer Wohnungsbaugenossenschaft sowie einer Investorengesellschaft gekauft wurde. Ein Mix aus Hotel, Pflegeheim, Service-Wohnen, Büros, Einzelhandel, Gastronomie, Fitness und Parken sollte nun auf dem 7.500 m² großen Gelände entstehen. Wir von MWB würden hier auch mit unserer neuen Hauptgeschäftsstelle einziehen.

Diesen Prozess also haben unsere Auszubildenden nun drei Jahre lang begleitet. Beim Abriss waren sie hautnah dabei, aber auch dabei, wie dann an derselben Stelle das StadtQuartier Schloßstraße in die Höhe wuchs. Über eine eigens dafür geschaffene Facebook-Seite @sqsmuelheim und zeitweise auch über den Twitteraccount @SQS_Muelheim teilten sie Fotos, kurze Videos und Berichte über den Fortgang der Arbeiten. Dabei konnten sie selbstständig und unabhängig Themen auswählen. Unterstützt wurden sie von einem erfahrenen Journalisten, den die Genossenschaft als externen Berater mit dem Projekt verknüpft hatte.

Jetzt nähert sich das Neubauprojekt SQS dem Abschluss. Zeit für eine Bestandsaufnahme auch des Auszubildenden-Projekts also. Aus meiner Sicht fällt diese sehr positiv aus: Ich bin stolz darauf, wie selbstständig und kreativ unsere Auszubildenden ihre Aufgaben gemeistert haben.

Klare Absprachen, fairer Bewegungsspielraum

 Für die Mülheimer waren der Abriss und das Neubauprojekt „StadtQuartier Schloßstraße“ von Anfang an ein großes Thema: In der 170.000-Einwohner-Stadt wird stets angeregt über die Entwicklung der Innenstadt diskutiert. „Wir wollten den Menschen die Gelegenheit geben, hautnah dabei zu sein“, sagte dazu unser Vorstandsvorsitzender Frank Esser. „So kamen wir auf die Idee, dass eine Berichterstattung durch unsere Auszubildenden für beide Seiten Vorteile bringt.“

 Ich möchte betonen: Wir wollten nicht, dass das Projekt zu einer zusätzlichen Belastung für unsere Auszubildenden wird, oder dass deswegen andere Ausbildungsinhalte zurückstehen müssen. Daher haben wir klare Absprachen mit allen Abteilungen getroffen und einen entsprechenden Bewegungsspielraum geschaffen.

Der Vorteil für mich als Ausbildungsleiterin ist es, dass einige der damaligen Auszubildenden inzwischen ausgelernt haben und als meine Kolleginnen und Kollegen für die Genossenschaft arbeiten. Sie hätten wohl keine Hemmungen mehr, mir auch eine kritische Meinung offen mitzuteilen. Umso mehr freut es mich, dass auch sie eine positive Bilanz ziehen.

Tamy Lumer zum Beispiel gehörte zu den Auszubildenden, die beim Projekt von Anfang an dabei waren. Heute ist sie Immobilienkauffrau in unserer Abteilung für Rechnungswesen. Sie erinnert sich: „Ich habe es als Vertrauensbeweis meines Arbeitgebers empfunden, dass man uns so eine Möglichkeit gibt. Wir haben Einblicke in den Bauprozess erhalten, die wir sonst wohl nicht bekommen hätten.“

Für meinen Kollegen Silvan Vornweg, heute als Immobilienkaufmann mit Aufgaben der Digitalisierung betraut, war vor allem die Erkundung des alten Kaufhof-Gebäudes ein Erlebnis. „Es hatte schließlich jahrelang leer gestanden und war regelrecht in der Zeit stehengeblieben. Für mich war es zuerst schwer vorstellbar, dass dort, wo dieses marode Gebäude stand, ein städtebaulicher Neuanfang stattfinden würde. Wie rasant denn der Abriss und der Rohbau vonstattengingen, das hat mich beeindruckt.“

„Sicherheit im Umgang mit Medienvertretern“

Ronja Schlegel gehörte zu den ersten Auszubildenden, die mit der Berichterstattung über das StadtQuartier Schloßstraße betraut wurden. Auch sie ist heute Immobilienkauffrau und Assistentin des MWB-Vorstands. Sie erinnert sich: "Wir konnten viele kreative Ideen verwirklichen, darunter etwa einen Jahreskalender mit Fotos vom Abriss und Neubau auf dem Gelände für die Genossenschaftsmitglieder. Weil es so viele Ideen gab, mussten wir auch lernen uns abzusprechen und zu koordinieren."

Zum kreativen Output des Azubiteams gehörte auch, dass die Auszubildenden Passanten und Anwohner interviewten, im Internet über Baufortschritte berichteten, Quiz-Fragen stellten und Persönlichkeiten von der Baustelle vorstellten. Mit einer Webcam dokumentierten sie täglich die Entwicklung auf der Baustelle. Das hatte zur Folge, dass die Zahl der Abonnenten ihrer Facebook-Seite kontinuierlich zunahm. Auch Journalisten wurden auf das Projekt aufmerksam, so dass Berichte in Tageszeitung, Radio und Fernsehen folgten.

„Da kam ich am Anfang schon ins Schwitzen, wenn ich ein Statement in die Kamera sprechen sollte“, sagt der Auszubildende Alexander Grygas, der den Berufsabschluss voraussichtlich in diesem Jahr erreichen wird. „Aber das hatte auch sein Gutes, denn im Lauf der Zeit haben wir wohl alle mehr Sicherheit im Umgang mit den Medien gewonnen.“ Zu Beginn seiner Ausbildung hatte er das Projekt eher für einen kostengünstigen Marketing-Trick gehalten. Diese Meinung hat sich grundlegend geändert: „Der Bau hat mich in gewisser Weise vom Anfang bis zum Abschluss durch die Ausbildung begleitet. Das klingt vielleicht komisch, aber je weiter ich bei der Ausbildung vorwärtsgekommen bin, desto weiter ging es auch beim SQS aufwärts. Ich habe aus erster Hand viel über Baustoffe und Bautechnik gelernt und bin mit vielen interessanten Menschen in Kontakt gekommen.“

Erfolgreiches Projekt mit Beispielcharakter

Zum Sommer des Jahres 2019 wird das StadtQuartier Schloßstraße ja nun in Mülheims Innenstadt fertiggestellt sein. Unsere Auszubildenden haben stark dazu beigetragen, dass dieses Projekt mit viel Transparenz unter den Augen der Öffentlichkeit Gestalt annehmen konnte. Aus unserer Sicht ist es für alle Beteiligten ein Erfolg. Zwar wird es ein weiteres Projekt wie das StadtQuartier Schloßstraße so schnell in Mülheim nicht geben, aber wir wollen auch zukünftigen Generationen unserer Auszubildenden ähnliche Möglichkeiten anbieten.

 

Wir bedanken uns bei allen Auszubildenden, die das Projekt „StadtQuartier Schloßstraße“ mit viel Engagement und Herzblut begleitet haben:

  • Laura Biermann
  • David Binder
  • Alexander Grygas
  • Loretta Guadagnato
  • Luisa Horst
  • Tamy Lumer
  • Clarissa Loos
  • Nissan Nagarajah
  • Kathrin Schneider
  • Nora Schroers
  • Marc Siewert
  • Ronja Schlegel
  • Silvan Vornweg

Der freie Journalist Detlef Schönen stand unseren Auszubildenden bei ihrem Sonderprojekt mit Rat und Tat zur Seite. Zu unserem großen Bedauern ist er zum Ende des vergangenen Jahres überraschend verstorben. Auch ihm gilt unser Dank.

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