Vertreterversammlung 2024

Die Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) ist wirtschaftlich gesund – aber ihre Spielräume sind enger geworden. Das ist ein Fazit aus dem Bericht des Vorstands, den der Vorstandsvorsitzende, Frank Esser, am 25. Juni 2024 im Rahmen der Vertreterversammlung gegenüber 46 anwesenden Vertreter*innen der Wohnungsbaugenossenschaft abgegeben hat. Der Aufsichtsratsvorsitzende Helge Kipping leitete die Sitzung.

Die Zahlen, die Esser zu der wichtigsten Gremiensitzung mitbrachte, sprechen eine deutliche Sprache: Obwohl sie die Mieten anpassen musste, um ange-sichts steigender Kosten wirtschaftlich arbeiten zu können, liegt die MWB mit einer durchschnittlichen Kaltmiete von 6,30 Euro je Quadratmeter auch weiter-hin unter der durchschnittlichen Kaltmiete in Mülheim an der Ruhr, die 6,77 Euro je Quadratmeter beträgt. Der vermietungs- und modernisierungsbedingte Leer-stand lag bei 1,09 Prozent und damit noch einmal unter dem Wert des Vorjah-res. „Menschen suchen Wohnraum, und sie suchen diesen Wohnraum auch und insbesondere bei der MWB“, so der Vorstandsvorsitzende.

Das Instandhaltungs- und Modernisierungsprogramm wurde selbstverständlich fortgesetzt: Insgesamt hat die Wohnungsbaugenossenschaft 8,11 Millionen Euro investiert, das entspricht 23,56 Euro je Quadratmeter.
Frank Esser konnte den Anwesenden auf Basis dieser Zahlen versichern: „Grundsätzlich geht es unserer Genossenschaft gut und sie ist wirtschaftlich gesund.“ Die MWB halte sogar – im Gegensatz zu vielen anderen Wohnungs-bauunternehmen – in der Krise eine durchaus erhebliche Bautätigkeit aufrecht. „Zahlreiche neue Wohnungen können entstehen“, so Esser. „Es gibt laufende Projekte und auch solche, die in Vorbereitung sind und bei denen wir noch auf Genehmigungen warten.“
Aber: Die Bedingungen für Wohnungsbau sind auch weiterhin außerordentlich schwierig. Im freifinanzierten Wohnungsbau müsste die MWB aufgrund der Handwerker- und Materialkosten und der Zinsen auch weiterhin Kaltmieten von 20 Euro je Quadratmeter oder darüber hinaus verlangen, damit neue Projekte wirtschaftlich wären. Auf Basis dieser Kostenentwicklung muss auch das Bau-trägergeschäft bis auf Weiteres ruhen.

Was sich Frank Esser wünscht, das ist mehr Akzeptanz für Wohnungsbau. Al-len Menschen sei klar, dass mehr Wohnraum dringend entstehen müsse, aber dennoch sei die Einstellung vieler Bürger*innen: „Wohnungsbau ja bitte, aber nicht da, wo es mein persönliches Lebensumfeld beeinflusst.“ Wenn das jeder so sehe, so Esser, könnten Projekte nirgendwo mehr umgesetzt werden.

Das aber ist dringend nötig, denn: Eine jüngste Auswertung hat ergeben, dass gut 1.000 Menschen pro Woche bei der MWB anrufen, weil sie eine Wohnung suchen. Für das Vermietungsteam ist ein Aufkommen von gut 200 Anrufen am Tag aber kaum noch zu bewältigen. „Wir müssen Menschen enttäuschen, wir kommen kaum noch nach und das zeigt, wieviel Nachholbedarf im Wohnungs-bau besteht“, so Frank Esser.

Darum markierte der MWB-Vorstandsvorsitzende auch die Zusammenarbeit mit der Stadt, den Bau 135 neuer Wohnungen an der Zeppelinstraße und eben auch das Projekt am Papenbusch als wichtige Erfolge für die Genossenschaft. Einmal mehr äußert er sich zum politischen Diskurs um Flüchtlingsunterbrin-gung: „Grundsätzlich sind wir politisch neutral, das ist uns wichtig. Eine Grenze ziehen wir da, wo radikale oder rassistische Gruppierungen im Spiel sind. Dass Geringverdiener und Geflüchtete gegeneinander ausgespielt werden, von Par-teien wie der AfD, die keine echten Lösungen anbieten können, lehnen wir ab.“

Im Weiteren berichtete Esser über die zahlreichen Aktivitäten der MWB für eine Transformation und die Anpassung an neue Gegebenheiten: Im Service will man verstärkt auf das Kundenportal setzen. Dieses wird, ebenso wie der tele-fonische Kontakt, immer von einem eigenen Team von Servicemitarbei-ter*innen betreut werden. „Wir werden niemals an eine anonyme Hotline aus-lagern“, so Esser.

Wichtigstes Thema für die MWB im Moment: Die Dekarbonisierung, die vom Gesetzgeber geforderte Verringerung der CO²-Emissionen gegen Null. „Damit die Mieten bezahlbar bleiben, müssen wir genau abwägen, wo wir welche Maßnahme durchführen.“, so Frank Esser. Die Dekarbonisierung sei nichts, dass sich alleine mit Investitionen in die Gebäudekörper erreichen lasse. „Je-denfalls nicht so, dass sich das alle Genossenschaftsmitglieder leisten können.“

So gehört zur Dekarbonisierungsstrategie der MWB auch die Erkenntnis, dass man behutsam und individuell vorgehen müsse. „Es gibt eine Vielzahl kleiner und großer technischer Maßnahmen, die in unserem Werkzeugkasten zur Ver-fügung stehen und wir sind mit vielen anderen Wohnungsunternehmen im Austausch über Ideen, Erfahrungen und Lösungen.“ Auch auf die Mieter*innen komme es an, weil das Heiz- und Lüftungsverhalten einen erheblichen Unter-schied auf die Einstufung von Gebäuden macht. „Wir müssen daraufsetzen, dass unsere Mieter die Dekarbonisierung auch zukünftig durch ein vernünftiges und maßvolles Verhalten unterstützen“, so Esser.

Im Anschluss an Essers Erläuterungen entlastete die Vertreterversammlung Aufsichtsrat und Vorstand der Mülheimer Wohnungsbau eG, stellte den Jahresabschluss fest und beschloss die Verwendung des Bilanzgewinns 2023 in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Der Aufsichtsratsvorsitzende Helge Kipping sowie die Aufsichtsratsmitglieder Klaudia Schmalenbach und Marc Vogel wurden nach dem satzungsgemäßen Ablauf ihrer Amtszeit für drei weitere Jahre gewählt.

In Abwesenheit verabschiedet wurde der erkrankte Bernd Fronhoffs, der aus Altersgründen für keine weitere Amtsperiode kandidieren konnte. Der ehemalige Amtsrichter hatte dem Aufsichtsrat der MWB 16 Jahre lang angehört. Sein großes Engagement und seine langjährige Unterstützung der Genossenschaft werden zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in seiner Anwesenheit gewür-digt werden. Als seinen Nachfolger wählten die Vertreter*innen der MWB Prof. Dr. Oliver Koch, Vizepräsident für Forschung und Transfer der Hochschule Ruhr West.