Mietentwicklung: Anstieg der Mieten muss differenziert betrachtet werden

"Wohnungspolitische Fehlentwicklungen hat es wirklich gegeben“, so der Vorstandsvorsitzende Frank Esser. „Allerdings muss man Vieles differenziert betrachten. Damit mehr günstiger Wohnraum entsteht, kann unsere Stadt ganz konkrete Schritte ergreifen.”

In der vergangenen Woche hatte ein bekanntes Immobilienportal Zahlen veröffentlicht, nach denen die Durchschnittsmiete in Mülheim an der Ruhr derzeit 6,60 Euro betragen soll. „Unsere 5.000 Wohnungen, von denen etwa 1.000 Wohnungen öffentlich gefördert und besonders preisgünstig sind, werden dort nicht beworben. Sie fließen damit auch nicht in die Statistik ein“, so Frank Esser. „Und unsere Durchschnittsmiete beträgt 5,53 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.“

Dass die Mieten insgesamt steigen, leugnet auch die Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft nicht. Etwa alle drei Jahre passt sie die Kaltmieten auf Basis des jeweils aktuellen Mietspiegels an. „Geld, das wir durch diese Erhöhungen gewinnen, kommt allen Genossenschaftsmitgliedern zugute”, betont der stellvertretende MWB-Vorstand und Finanzchef der Genossenschaft, Dominik Steffan. „Dem genossenschaftlichen Solidarprinzip entsprechend wird es eingesetzt, um Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten in unseren Beständen durchzuführen.”

Selbst wenn aber die vom Immobilienportal genannte Preissteigerung von 20 Prozent in zehn Jahren für ganz Mülheim stimmen würde, dann läge das immer noch etwa auf dem Niveau der Preissteigerungsrate insgesamt im selben Zeitraum.

Anders als die Baukosten: „Die liegen durch gesetzliche Verschärfungen heute mehr als 50 Prozent über denen, die im Jahr 2008 abgerufen wurden“, sagt Esser. „Neubauwohnungen kann man heute also nicht mehr so günstig vermieten, das wäre unmöglich finanzierbar.“ Wenn zukünftig wieder mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen sollte, dann müsste an anderen Stellschrauben gedreht werden: Erstens dürften die Baukosten nicht noch weiter durch gesetzliche Verschärfungen auf Bundes- und Landesebene in die Höhe getrieben werden. „Diese Stellschraube kann die Stadt Mülheim an der Ruhr natürlich nicht beeinflussen“, so Esser.

An der zweiten könnte man im Mülheimer Rathaus allerdings jederzeit drehen: „Die Stadt sollte Grundstücke nicht mehr nach dem Höchstpreisprinzip veräußern. Sie sollte soziale und städtebauliche Aspekte bei der Grundstücksvergabe viel stärker mitberücksichtigen. Es wäre auch denkbar, Bauherren einen gewissen Anteil von Sozialwohnungen vorzugeben, beispielsweise 30 Prozent.“ In Städten wie Münster oder Köln wird das seit Jahren praktiziert, betont Frank Esser. „Dadurch würden auch in Mülheim wieder mehr Wohnungen für Gering- und Normalverdiener entstehen, die soziale Mischung in den Nachbarschaften würde gefördert und die Stadt würde langfristig profitieren.“