Wohnungspolitische Diskussion über Baukosten, Klimaschutz und bezahlbares Wohnen

Die NRW-Landtagswahl 2022 steht vor der Tür. Die Mieten- und Wohnungspolitik ist dabei eines der wichtigsten sozialen Themen. Aber welche politische Linie verfolgen die Politikerinnen und Politiker, die in Mülheim an der Ruhr für einen Platz im Landtag kandidieren?

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.V. und die Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) hatten sie zu einem wohnungspolitischen Gespräch eingeladen. Veranstaltungsort war das Neubaugebiet an Scheffel- und Bruchstraße in Mülheim an der Ruhr. Das Neubauprojekt Scheffel4tel umfasst 40 Reihenhäuser sowie ein Mehrfamilienhaus mit frei finanzierten und öffentlich geförderten Mietwohnungen für den Verein „Die Raumteiler e.V.“. Dazu kommt ein Angebot für betreutes Wohnen, das sich an unterstützungsbedürftige Menschen jeden Alters richtet. Die Vielfalt wird eine besondere Stärke des neuen Quartiers sein, und so verwies der MWB-Vorstandsvorsitzende Frank Esser auf das Projekt als ein gutes Beispiel für ein vielfältiges Wohnungsangebot.

Esser führte aus, welche Themen seine Wohnungsbaugenossenschaft derzeit massiv beschäftigen: „Wir sind bemüht, auch angesichts der rasant steigenden Bau- und Handwerkerpreise bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, und wir investieren in seniorengerechte Angebote, die den steigenden Altersdurchschnitt der Gesellschaft abfedern sollen. Auch für Klimaschutz und Elektromobilität setzen wir uns ein.“ Damit in Mülheim an der Ruhr neuer Wohnraum entstehen könne, müssten mehr Baugrundstücke her. Die jedoch seien schwierig zu finden und oftmals überteuert.

Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen, stimmte Esser zu: „Wir als sozial orientierte Wohnungswirtschaft begrüßen das Engagement für generationengerechte Wohnangebote“, sagt VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter. „Mit dem Scheffelviertel erhält ein nachhaltiges Konzept Einzug in den Mülheimer Wohnungsmarkt. Die Mülheimer Wohnungsbau eG vereint hier Wohnen, Pflege und Soziales. Das Ruhrgebiet ist einer der größten Ballungsräume Deutschlands und von einer großen industriellen Transformation geprägt – mit nicht zuletzt großen Herausforderungen für den Wohnungsmarkt. Von einer künftigen NRW-Landesregierung erwarten wir, Wohnen als soziale Daseinsvorsorge zu stärken, soziale Teilhabe, Integration und Inklusion zu fördern und dabei die Mieten bezahlbar zu halten.“

Die Diskussion der Kandidierenden für den NRW-Landtag 2022 verlief spannend, denn sie zeigte Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede in der Sicht auf die Wohnungspolitik auf. So erteilte Christian Mangen (FDP) der Mietpreisbremse eine klare Absage. „Die Antwort lautet doch ganz einfach ‚bauen, bauen, bauen‘, das wissen wir alle“, sagte Mangen, dessen Partei auch die Baukosten senken will, indem überflüssige Bauvorschriften auf den Prüfstand gestellt werden sollen.  

Dass mehr gebaut werden muss, war in der folgenden Diskussion schnell Konsens. Aber erwartungsgemäß wurden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. So verwies Heiko Hendriks (CDU) auf die Erfolge der schwarzgelben Regierungskoalition und auf das sehr gut ausgestattete Wohnraumförderprogramm in Nordrhein-Westfalen. „Wir haben die Weichen gestellt, und die Erfolge können sich sehen lassen“, so Hendriks mit Blick auf die weit über eine Milliarde Euro, die NRW jährlich für die Wohnraumförderung zur Verfügung stellt.

Rodion Bakum (SPD) berichtete in persönlichen Worten über die Wohnungssuche der eigenen Familie. „Wir sind bereit, in eine größere Wohnung zu ziehen und die kleinere, günstige Wohnung für andere frei zu machen, die darauf angewiesen sind. So sollte es funktionieren, damit alle etwas davon haben, aber das Wohnungsangebot gibt es nicht her.“ Mehr Baugrundstücke müssten sozial verantwortlich handelnden Bauherren zugänglich gemacht werden, und hier habe Mülheim an der Ruhr seine Hausaufgaben noch nicht gemacht.

Kathrin Rosa-Rose (Bündnis 90/Die Grünen) wandte sich gegen eine allzu vereinfachte Sicht auf die Dinge: Ja, Wohnungsbau sei wichtig und ihre Partei wolle ihn nach Kräften fördern. Energetische Normen dürften dabei jedoch nicht hintenüberfallen. Auch wandte sich Rose dagegen, Anwohnerinitiativen von Anfang an als Verhinderer von Projekten zu begreifen. „Wir machen es uns zu einfach, wenn wir entsprechende Gruppen gleich abstempeln. Die Debatte und der Austausch sind notwendig, und zur Politik gehört es eben auch, dass alle Standpunkte auf den Tisch kommen.“

Das galt sicherlich auch für das wohnungspolitische Gespräch. Die Gäste konnten sich aus erster Hand einen Eindruck der Kandidierenden verschaffen und der Nachmittag konnte in angenehmer Gesprächsatmosphäre ausklingen.